»Auf ein Wort« - von Pfarrvikar Matthias Karwath
Liebe Leserinnen und Leser,
ich weiß nicht, wie Sie es empfinden, aber ich habe den Eindruck, dass man in diesen Tagen und Wochen nichts machen, denken, schreiben oder beten kann, ohne auf das Kriegsgeschehen in der Ukraine einzugehen.
Dieser Krieg ist nicht nur irgendein Krieg, er verschiebt unser ganzes Koordinatensystem. Was vor diesem Krieg galt, gilt nicht mehr.
Der Pazifismus, also die Idee, Frieden zu schaffen ohne Waffen, scheint ausgedient zu haben. Ja, mehr noch, die Geschichte des 2. Weltkrieges droht sich zu wiederholen. Damals wie heute bedroht ein unberechenbarer Diktator das Weltgeschehen.

Haben wir nichts dazugelernt?
Wo bleibt denn der angebliche Fortschritt der Menschheit?
Und auch aus der Sicht eines gläubigen Menschen rutscht einem der bisher sicher geglaubte Boden weg: wo ist denn etwas zu spüren von der Erlösungstat Jesu Christi? Sind wir jetzt erlöst oder nicht?
Fragen über Fragen. Antworten zu finden, ist nicht leicht.
Was mich dabei überzeugt, geht in folgende Richtung:
Mir steht immer wieder vor Augen, wie Jesus sich verhalten hat, als seine Gegner ihn mit der Ehebrecherin konfrontieren und ihn fragen, was sie denn jetzt mit ihr machen sollen (Joh 8,1-11).
In dieser Situation steht das Leben der Frau und sein eigenes auf dem Spiel. Ganz gleich was Jesus antwortet, einer von beiden scheint mit dem eigenen Leben bezahlen zu müssen.
Jesus gerät nicht in Panik:
Er spürte mit Sicherheit die Bedrohung und auch seine Angst, aber er dreht nicht durch.
Auch wir dürfen angesichts der angespannten Weltlage nicht die Nerven verlieren.
Jesus flieht nicht:
Er stiehlt sich aus der Situation nicht heraus, er stellt sich.
Und so müssen auch wir uns dem stellen, wovor wir vielleicht allzu lange die Augen zugemacht haben, dass es nämlich scheinbar kein menschliches Zusammenleben auf dieser Erde gibt, ohne sich notfalls auch mit Waffengewalt zu verteidigen.
Jesus hat nicht sofort die passende Antwort parat:
Er schreibt in den Sand, um Zeit zu gewinnen und sich in dieser Zeit mit der Gegenwart Gottes zu verbinden. Und aus dieser Verbindung mit Gott kommt ihm dann die erlösende Antwort.
So bin auch ich davon überzeugt, dass wir uns mitten in aller Bedrohung und Angst mit der Gegenwart Gottes verbinden müssen, um die Antworten für die gegenwärtige Situation zu finden.
Ich wünsche den Menschen in der Ukraine und im Übrigen auch in Russland und anderen Krisengebieten dieser Welt sowie auch uns den Frieden, den unsere Welt so dringend braucht.
Matthias Karwath, Pfarrvikar